In der Tier*befreiungsbewegung sind wir ständig mit Leid konfrontiert – dem Leid der Tiere*, aber auch mit der Ohnmacht, die wir fühlen, wenn wir sehen wie Tiere* eingesperrt, gequält, ausgesetzt, getötet und gegessen werden. Häufig führt dies zu Frust oder dem Gefühl, nicht genug zu tun und mehr leisten zu müssen, was nicht selten in einem Aktivist*innen-Burnout endet.
Daher stellt sich die Frage wie wir diesen Herausforderungen in unserem Alltag, aber auch in unserem Aktivismus begegnen können, ohne uns zu verausgaben. Schließlich ist das psychische und physische Wohlbefinden der Aktivist*innen auch maßgeblich für den Erfolg sozialer Bewegungen und für ein langfristiges Engagement. Unabhängig davon sollten wir nicht aus den Augen verlieren, dass Gesundheit ein grundlegendes Recht eines jeden Menschen darstellt.
Eine Balance zwischen individueller Selbstverwirklichung und kollektiver Befreiung zu finden, ist dabei nicht immer einfach. In seinem Buch „Politisch Aktiv sein und bleiben. Handbuch Nachhaltiger Aktivismus“ (2018) stellt Timo Luthmann drei Säulen eines nachhaltigen Aktivismus vor:
- die Reflexion der eigenen politischen Arbeit
- Individuelle Resilienzstrategien
- Kollektive Resilienzstrategien
Resilienz meint die psychische Widerstandskraft bzw. die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen. Resilienzstrategien haben den Erhalt des individuellen Wohlbefindens zum Ziel.
Nachhaltiger Aktivismus orientiert sich demnach an den Ressourcen der Aktivist*innen, so dass diese von ihrem Tun profitieren und nicht daran zerbrechen. Daher ist es wichtig wie wir mit persönlichen, organisatorischen und politischen Krisen umgehen. Das Austreten von Aktivist*innen aus Organisationen und schlussendlich die Abkehr von politischem Engagement lässt sich zum einen durch die von Selbstansprüchen herrührende Überforderung und zum anderen von einer mangelhaften Kommunikations- und Konfliktkultur innerhalb der Organisation erklären. Ausgrenzungsmechanismen, Dominanz- und Hierarchiestrukturen sind ebenfalls maßgeblich dafür verantwortlich. Daher ist es wichtig, auf unsere Bedürfnisse zu achten, zu erlernen diese zu kommunizieren sowie persönliche Grenzen zu ziehen, aber auch Raum für Reflexion und kritische Auseinandersetzung zu ermöglichen.
Aus diesen Gründen haben wir den Anspruch, einen intersektionalen Tier*rechtsaktivismus voranzutreiben und auch Veranstaltungen „out-of-action“ zu organisieren wie bspw. unsere Community Events. Genauso wichtig ist es auch sich untereinander zu vernetzen und sich gegenseitig zu unterstützen. Darüber hinaus kann es auch hilfreich sein von der jeweiligen politischen Bewegung unabhängige Kontakte zu pflegen und Aktivitäten nachzugehen, die nichts mit dem Aktivismus zu tun haben.
Eure Gesundheit und euer Wohlbefinden sind wichtig, denn wie können wir dauerhaft Empathie für alle Lebewesen empfinden, wenn wir uns selbst und unseren Mitstreiter*innen nicht mit Empathie begegnen? Also achtet auf eure persönlichen Grenzen, respektiert auch die von anderen und lasst uns gemeinsam an einer Bewegung arbeiten, in der wir uns lange und sicher für die Befreiung von Tieren einsetzen können.
Mehr Informationen zu dem Thema findet ihr bspw. unter: https://nachhaltigeraktivismus.org/ und http://www.kommunikationskollektiv.org/wp-content/uploads/2016/04/Zine-Nachhaltiger-Aktivismus.pdf
Inhalte rund um self-care und Selbst-Empathie findet ihr auch bei http://lifesabeach.blogsport.de/.
Text von Tamara Kühn