Statement zu Kooperationen
Zu Beginn möchten wir etwas Wichtiges betonen: Die in diesem Statement angebrachte Kritik richtet sich an die Ausrichtung von Organisationen und nicht gegen Einzelpersonen, wie beispielsweise ihre Mitglieder. Wir weisen keine Aktivist*innen zurück, die auch bei Gruppen aktiv sind mit denen wir nicht kooperieren, solange sie sich mit unseren Werten identifizieren und diese in ihrem Handeln berücksichtigen.
Warum Kooperationen wichtig sind
Wir sind davon überzeugt, dass es von großer Wichtigkeit ist, sich stärker mit anderen Gruppen zu vernetzen, um voneinander zu lernen, Synergien zu schaffen, uns gegenseitig zu unterstützen und gemeinsam zu wachsen. Diese Vernetzung ist dabei sowohl innerhalb der Tierbefreiungsbewegung als auch zwischen unterschiedlichen sozialen Gerechtigkeitsbewegungen essentiell.
Das Thema Veganismus wird mit der zunehmenden öffentlichen Aufmerksamkeit in den letzten Jahren auch in Aktivismuskreisen vermehrt diskutiert. Dabei ist jedoch zu beobachten, dass neben umwelt- und gesundheitsorientierten Diskussionen ethische und politische Aspekte des Veganismus oft in den Hintergrund geraten – auch innerhalb der veganen Bewegung. Charakteristisch hierfür ist, dass nur selten zwischen der Tierschutz-, der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung unterschieden wird.
Wenn wir das Ziel der Tierbefreiung erreichen wollen, brauchen wir jedoch klare Wert- und Zielvorstellungen. Potenzielle Kooperationen zwischen den Teilbewegungen können und sollten deshalb nur konsensorientiert stattfinden.
Die Tierschutz-, Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung (im Folgenden zusammengefasst als Tier*bewegung) kann von der Zusammenarbeit mit einzelnen Aktivist*innen und Gruppen anderer sozialer Bewegungen stark profitieren, indem wir:
- die Probleme, Ziele, Ansätze und Strategien anderer Gruppen kennen lernen und diese gegebenenfalls auf unseren Kampf übertragen können.
- ein Bewusstsein für die Zusammenhänge verschiedener Strukturen von Diskriminierung, Unterdrückung und Ausbeutung entwickeln. Themen sozialer, ökonomischer und ökologischer (Un-)Gerechtigkeit hängen zusammen, bedingen sich gegenseitig und weisen starke Parallelen mit der Tierausbeutung auf. Nur indem wir diese besser verstehen, können wir nachhaltig für eine Welt frei von Ausbeutung und Unterdrückung kämpfen.
- durch die Planung bewegungsübergreifender Aktionen zahlenmäßig stärker auftreten können.
- benachteiligte Menschen(gruppen) in ihrem Kampf unterstützen und so unserem Ziel näherkommen können, eine inklusive Bewegung zu schaffen. Wir wünschen uns, dass sich alle sicher und gehört fühlen, und Zugang zum Veganismus und Aktivismus finden.
Warum kooperieren wir nicht mit allen Gruppen?
Wie in unserem Selbstverständnis nachzulesen ist, sind wir bemüht, Diskriminierung sowohl im individuellen Handeln abzubauen als auch in unserem Aktivismus keine Unterdrückungsmechanismen zu reproduzieren.
Die Werte und Ausrichtung von Gruppen, die einen klaren Hauptsache-für-die-Tiere Ansatz haben und für menschenfeindliche und pietätlose Statements bekannt sind, wie beispielsweise Animal Peace und Animals First, widersprechen unserem Selbstverständnis.
Weitere Infos:
Offener Brief an Animal First von Frankfurt Tierzirkusfrei | Frankfurt Tierzirkusfrei
Veganer entsetzt über Animal-Peace: „Wir freuen uns nicht“ | taz.de
Gänse? Sechs Millionen Terroropfer jährlich in Deutschland. Für Gänse ist jeden Tag Weihnachtsmarkt. Vergesst das nie! (Facebook-Beitrag von Animal Peace, in dem sie den Anschlag am Breitscheidplatz relativieren und instrumentalisieren)
Wir befürworten Statements, die sich klar gegen diskriminierendes Verhalten positionieren. Leider haben wir jedoch die Erfahrung gemacht, dass nicht immer mit dem notwendigen Nachdruck an einer entsprechenden Umsetzung gearbeitet wird. Dies betrifft unter anderem Gruppen wie Anonymous for the Voiceless (AV) und Direct Action Everywhere (DxE). Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn Personen in leitenden Positionen dieser Gruppen oder Personen, die von diesen Gruppen öffentlich unterstützt und beworben werden, diskriminierende Äußerungen von sich geben.
Kritisch sehen wir darüber hinaus Methoden, bei denen Sexismus und Lookismus reproduziert werden. So zeigt unter anderem die Werbung von PETA (People for the Ethical Treatment of Animals) vor allem Frauen leicht oder gar unbekleidet, um sich beispielsweise gegen Pelz oder für eine vegane Lebensweise auszusprechen. Dabei zeichnen die abgebildeten Menschen – explizit die Frauen – ein genormtes Bild von Attraktivität. Menschen mit mehr Gewicht werden nicht abgelichtet, sondern meist nur jene, die der gesellschaftlichen Vorstellung von „schönen Körpern“ entsprechen. Anzumerken ist auch, dass hierfür oft prominente Persönlichkeiten engagiert werden, die zwar gegen eine Art der Ausbeutung von anderen Tieren (z.B. Pelz, Stierkämpfe, Fleischkonsum) protestieren, durch ihren Konsum und ihre Lebensweise jedoch andere Tiere ausbeuten (lassen). Dabei scheint, dass für PETA der Bekanntheitsgrad besagter Models, Musiker*innen, etc. wichtiger als eine konsequente Haltung gegen Tierleid ist.
Auch der Holocaust-Vergleich wurde von PETA in einer Kampagne verwendet. Diese Art von Vergleich zielt oft darauf ab, durch Provokation Reaktionen hervor zu rufen, und nimmt dabei die (Re)Traumatisierung bestimmter betroffener Gruppen billigend in Kauf. Dies und die Relativierung von menschlichen und nicht-menschlichen Leid und Opfern lehnen wir strikt ab. (Weitere Infos s. unten)
Abschließend lässt sich sagen, dass wir es für notwendig halten, keine Kooperation mit Gruppen aus der Tier*bewegung einzugehen oder an Aktionen teilzunehmen, die dem Tierbefreiungsgedanken widersprechen. Darunter fallen insbesondere Aktionen, die sich für bessere ‚Haltungs’bedingungen, jedoch nicht für die Abschaffung der Ausbeutung von nicht-menschlichen Tieren einsetzen (Tierschutz) oder einen vegetarischen Ansatz verfolgen. Dies ist für eine klare Linie unserer Gruppe und der weiteren Tierbefreiungsbewegung unabdingbar. Über Kooperationen mit anderen Gruppen aus der Tier*bewegung wird deshalb individuell und situationsabhängig entschieden.
Da wir einer (all)täglich von Speziesismus geprägten Gesellschaft leben, sehen wir anti-speziesistische Bildungs- und Aufklärungsarbeit als eine unserer wichtigsten Aufgaben an. Diese erfordert es oft auch, mit Gruppen zusammen zu arbeiten, die keine anti-speziesistische Einstellung haben. Daher schließen wir für uns nicht jegliche Kooperation mit Gruppen anderer sozialer Bewegungen und/oder Bildungseinrichtungen aus, auch wenn wir speziesistische Äußerungen und Verhaltensweisen von Seiten dieser strikt ablehnen. Wichtig ist uns dabei jedoch, dass die Aktionen, an denen wir als Gruppe beteiligt sind, keinen Speziesismus reproduzieren.
Was bedeutet „keine Kooperationen“?
Offline sowie online:
- Keine gemeinsamen Aktionen (vor allem keine gemeinsame Organisation von Veranstaltungen)
- Kein Zeigen von Symbolen bzw. Logos betreffender Gruppen auf Plakaten, T-Shirts etc.
- Kein Bewerben von Events oder Beiträgen
- Keine Ausgabe und Verbreitung von Flyern oder anderem Infomaterial
Kriterien für die Nicht-Kooperation:
- Eindeutiger Hauptsache-für-die-Tiere / Animals First Ansatz
- Unterzeichnung der Non-Humans-First-Declaration
- Menschenfeindlichkeit (Gewalt gegen Schlachthausmitarbeiter*innen, Jäger*innen, Nicht-Veganer*innen etc.)
- Instrumentalisierung anderer Unterdrückungsformen (z.B. Holocaustvergleich)
Weitere Infos:
Den Holocaust-Vergleich einfach sein lassen… | Liberation NOW
Von „Tier-KZ’s“ und einer befreiten Gesellschaft | AG Freiburg
Keine falschen Vergleiche in der Tierbefreiung | spurgo.de
Auschwitz liegt nicht am Strand von Malibu und auch nicht auf unseren Tellern | Tierbefreiungsoffensive Saar
- Sexualisierung von Frauenkörpern speziell für einen männlichen Blick
- Darstellung von Gewalt gegen Frauen (z.B. Vergewaltigungsvergleich)
- Unsensibler Umgang mit der Kategorie „race“ (z.B. Sklavereivergleich)
- Vernachlässigung von Lebensumständen und Herausforderungen von Nicht-Veganer*innen
- Body-Shaming/Fat-Shaming/Health-Shaming von Veganer*innen und Nicht-Veganer*innen